...hat uns direkt gelehrt, man braucht einen Plan vor allem, um ihn über Bord zu werfen. Ursprünglich wollte wir das Land als Durchreise auf dem Weg nach Spanien sehen. Hier und da mal an schönen Orten halten, aber nichts um sich zu verlieren. Das war weit gefehlt. Das Land der Brüderlichkeit zog uns in seinen Bann. Am Ende verbrachten wir an Frankreichs Küsten zwei Monate. Wir erfuhren viel Wärme, sahen tolle Landschaften und lernten die französische Kultur zu schätzen. Dass man Pläne eher flexible handhaben sollte, sieht man schon daran, dass ein richtig guter Frankreichaufenthalt am besten spontan in Holland beginnt.
Es ist jetzt 4:34. Wahnsinn, normalerweise - zu Hause - würde ich mich in meinem Bett wälzen und um jeden Preis versuchen einzuschlafen. Doch das ist es ja, weswegen ich mich nicht umherwälze. Dieses Auto, in dem ich gerade liege, ist jetzt mein zu Hause. Seit 1 1/2 Jahren planen Jenny und ich diese Reise. Und als wir dann vor 4 Wochen unsere Wohnung in Mülheim an der Ruhr aufgelöst haben, wurde es dann endgültig ernst. Die verbleibenden Wochen verbrachten wir bei Jennys Eltern und mit unseren Familien und trafen die letzten Vorkehrungen. Jetzt ist alles angerichtet und wir sind bereit. Deswegen liege ich hier wach und freue mich. Ich lausche den Vögeln 🐦, ich schmiede Pläne für den Tag - nachher geht es auf jeden Fall an den Strand und das erste Mal ins Meer. Ich genieße. Auf uns wartet die Freiheit, jeden Tag zu tun und zu lassen, was immer wir möchten, zumindest so die Theorie. Doch wie geht man damit um? Es ist schön zu spüren, dass wir keinen Druck haben. Doch das ist wahrscheinlich eher eine innere Einstellungssache. Leute stellen Erwartungen an einen und wir selbst haben auch Erwartungen, die sich aus vergangenen Lebenserfahrungen und Erwartungen an die Zukunft speisen. Aber ist es am Ende wirklich so wichtig? Wie oft machen wir uns Gedanken und stressen und wegen Dingen, die wir am nächsten Tag ohnehin wieder vergessen haben? Hier ist längst nicht alles perfekt: wir standen gestern im Stau, das Bett, welches wir gebaut haben, ist viel härter als erwartet, unsere Gardinen sind noch ein ziemlicher Reinfall, die erste Camping-Mahlzeit gestern war halbgar und liegt schwer im Magen, das Wetter spielt noch nicht so richtig mit und morgen werde ich wahrscheinlich denken, wieso zur Hölle habe ich nicht versucht nochmal einzuschlafen. Doch hier gehen wir kreativ und flexibel mit den Umständen um. Wir sehen sie als Inspiration oder unabänderlichen Teil des Geschehens, den wir besser akzeptieren, sonst machen sie uns nur der Erlebniss madig.
Der erse Stop in Ouddorp auf der Insel Goeree-Overflakee in Zeeland - Niederlande. Das Wetter ist nieselig und die App, die wir nutzen, führt uns auf einen verlassenen Parkplatz hinter einen Tennisclub. Wieso ist hier niemand? Gibt es hier eine öffentliche Toilette oder die Möglichkeit Wasser nachzufüllen? Darf man hier überhaupt stehen? Erst einmal war der Hunger stärker und wir haben etwas gekocht. Nachdem wir dann vor dem Wind im Auto Zuflucht gesucht haben, wirkte es alles etwas anders als in den Vorstellungen. Wir haben direkt geguckt, wir lange man zur Cotê d'Azur fährt, 13 Stunden, uff. Da hatten wir dann auch keine Lust drauf. Einer dieser Momente, in denen man besser die Realität akzeptiert und das beste daraus macht, damit man am Ende nicht frustriert ist.
Und dann ergeben sich Möglichkeiten: Mein Cousin hatte in der Nähe einen Ferienboulgalow angemietet und er lud uns ein. Nach einer kurzen Fahrt durch den regen, stellen wir den Wagen bei ihm in der Auffahrt ab. Zugang zu fließendem Waser und Sanitäranlagen erleichtern ein Abenteuer dann doch ungemein und man lernt es erst zu schätzen, wenn man es nicht mehr hat. Andreas und seine Freunde bewirten uns zwei Tage lang. Wir reden über dies und das, wir essen zusammen und wir machen Ausflüge an den Strand. Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie schnell man mit Leuten in Kontakt kommt und wie gut man sich connecten kann, obwohl man sich gar nicht kennt und gerade in den geplanten Urlaub reinplatzt.
Nach einigen Tagen Aufenthalt in den Niederlanden, sollte es weiter gehen nach Dünkirchen. Und wir landeten stattdessen in Sangatte-plage. Von hier aus, kann man die großen Hafenkräne von Calais sehen, die vielen Tanker, die von dort aus in Richtung Atlantik aufbrechen, und das große Betonmeer wirkt trist direkt neben seiner blauen lebhaften Schwester. Dem möchte man auf einer solchen Reise ja entgehen, in der Natur sein, andere Farben sehen als endloses Grau. Das haben wir hier schon einmal gefunden. Wir sind in Sangatte gelandet. Ein malerischer Ort direkt am Meer. Auf den ersten Blick wirkt das Städtchen aber etwas verschlafen: löchrige Straßen, vergilbte Infotafeln und einen einzigen Einkaufsladen, ein Bäcker, der obendrein Gemüse verkauft. Doch auf den zweiten Blick: Was für ein herrliches Fleckchen Erde. Grüne Wiesen so weit das Auge reicht, der Ozean direkt vor der Haustüre und ein endloser Sandstrand. Am Horizont sind die weißen Klippen von Dover zu sehen.
Unsere Vorstellungen von einem Stellplatz wurden übertroffen, es gibt hier einen Parkplatz mit öffentlicher Toilette, fließendes Trinkwasser und einer Dusche.
Wir fühlten uns direkt wohl. Das Wetter ist für Ende Mai echt genial, die Sonne ☀️ scheint als gäbe es keinen Morgen mehr. Eine willkommene Einladung, um wieder ins blaue Nass zu springen, das für einen so sonnigen Tag erstaunlich kalt 😅❄️
Wieder zurück vom Strand, treffen wir auf dem Parkplatz auf einen älteten Herren, der in aller Seelenruhe mit einem Plastickhocker vor seinem Ford Galaxy sitzt. Eine neugierige Hündin streunert über den Parkplatz und beschnüffelt alles, was interessant wird. Dass die beiden zusammengehören, sieht man erst auf den zweiten Blick, weil sie so wirkten als würden sie eher ihr eigenes Ding machen, doch dann erkennt man die innige Verbindung der beiden direkt. Der Mann heißt Peter und die Hündin ist Cookie und wir sollen noch das eine oder andere Abenteuer miteinander erleben. Peter schreibt ebenfalls einen Reiseblog. Die beiden sind erfahrene Reisende und sind seit mehr als einem Jahr unterwegs. Von ihm haben wir einige nützliche Tipps erhalten, wo wir stehen können und wie so eine Reise funktioniert. Nach kurzer Zeit saßen wir gemeinsam auf Hockern um eine Tasse Tee und führten wertvolle Gespräche über das Leben. Cookie legte sich irgendwann ausgestreckt auf den Boden neben uns ab und teilte ihre Hundehaare mit uns, als wir ihr durch das Fell strichen und Freundschaft schlossen. Nach zwei Nächsten in Sangatte, zog es uns weiter. Peter hat uns einige Tipps für Stellplätze mitgegeben, denn er kam gerade aus der Richtung, in die wir wollten. Er selbst wartete auf die Überfahrt nach England. Deswegen trennten sich hier unsere Wege vorerst, doch ein Wiedersehen war vorprogrammiert.
Peters Geheimtipp hielt dem, was wir uns von ihm erwarteten, stand. In der Nähe von Dannes fanden wir Parking des Dunes du Mont St. Frieux. Fast wären wir daran vorbei gefahren, so versteckt lag er zwischen Bäumen. Kurz gekocht, dann sollte es ans Meer gehen. Doch weit gefehlt. Ohne auf die Karte zu gucken, stapften wir querfeldein. Mit den Markierungen an den Wegweisern konnten wir folglich nichts anfangen und so trafen wir nach einer Stunde Irrweg wieder am Auto ein. Zweiter Versuch: dieses Mal stimmte die Route. Nach weiteren 30 Minuten Fußweg sahen wir das Meer. Uns bot sich ein atemberaubender Blick auf einen endlosen Strand, an dem alle paar Kilometer ein Bunker stand und sonst niemand war. In weiter Ferne entdeckten wir einen Wanderer, der mit seinem Hund marschierte. Das war weit weg von einem klassischen Touristenstrand. Umso beeindruckender wurde es, als wir auf einen dieser Bunker kletterten. Sie mussten aus dem zweiten Weltkrieg sein. Das Baden war an diesem Strand verboten. Wahrscheinlich lag das an dem großen Tidenhub. Der nimmt in dieser Region stark zu und wird in St. Malo in einem Gezeitenkraftwerk sogar genutzt, um mit ihm Strom zu erzeugen. Wenn man hier in Gefahrt gerät, kann einem niemand helfen. Die Distanzen sind riesig und keine Menschenseele ist in der Nähe.
Wieder am Auto wurde es spannend. Die Autos der Tagestourist*innen waren weg und auch keine Camper*innen waren zu sehen. So kam es, dass der Appah alleine mitten im Wald stand. Auf einmal bemerkten wir die ganzen Polizei-Patroullien. Im Internet fanden wir den Hinweis, dass sie nicht nach Camper*inne Ausschau halten sondern nach Schmugglern. Diese nutzen die ewigen weiten und den menschenleeren Strand. Wir waren sehr nervös, aber nach einigem hin- und her entschieden wir uns, dennoch dort zu schlafen. Es passierte nichts, doch Alpträume von angriffslustigen Stämmen, die uns mit Speeren jagen, hatte ich dennoch. Als ich nachts pinkeln musste, war ich fest überzeugt, wenn ich die Vorhänge wegziehe, sehe ich ein Gesicht. Als ich dann in der Morgendämmerung stand, musste ich schmunzeln, Bei tagf betrachtet, stehe ich an einem wunderschönen Ort und habe Angst wie ein kleines Kind, wenn die Mutter vergisst unter dem Bett nach Monstern Ausschau zu halten.
Nach einem Tag zogen wir weiter, wir brauchten Vorräte. Wenn wir den Ort mal nicht vermissen werden...
So langsam beschleicht uns ein Gefühl, das hier ist gar kein Urlaub. Wir sind jetzt eine Woche unterwegs, wäre das hier ein 2-wöchiger Trip gingen jetzt die ersten Gedanken wieder in Richtung Heimfahrt, die Wehmut käme auf und der Alltag rückte so langsam aus der Ecke, in die er verbannt wurde. Die Ahnung beschlich mich, während wir drei Tage in Le Tréport verbracht haben. Dort sind wir endgültig angekommen. Es geht vorerst nicht mehr nach Hause in 4 Wände mit Küche und Bad. Diese 2 Tonnen Metall mit 4 Rädern und schwarzem Lack sind jetzt unser zu Hause. Das ist beängstigend. Auf der anderen Seite auch aufregend. Wir leben momentan am Meer und wenn mich mal jemand fragt, kann ich sagen, ich habe eine Zeit lang im Ausland gelebt.
Der Stellplatz in Le Tréport war atemberaubend. Wir sind mit dem Sonnenuntergang eingeschlafen und mit ihrem Aufgang aufgewacht. Die Schönheit dieses Ortes zog auch @magvinco an, die kurzerhand ihr Zelt auf die Klippen stellte, unbeeindruckt von den Verbotsschildern, den Tagestourist*innen und der Gefahr eines Erdrutsches. Sie ist seit drei Monaten mit dem Fahrrad unterwegs - Tour der France. Eine unglaubliche Leistung. Wir teilten Geschichten, Tee und Kaffee, auch wenn die Verständigung ein Französisch-Englisch-Salat war. Ihre Hündin mit dem unermüdlichen Wesen hat sich in unsere Herzen gespielt.
Die öffentliche Güter in Frankreich sind noch eine Erwähnung wert, sie haben es uns erst ermöglicht, 3 Tage in Le treport zu stehen. Es gibt an jeder Ecke eine Toilette mit fließendem Wasser und Seife. Der Geruch ist manchmal etwas grenzwertig, aber das ist Meckern auf hohem Niveau. Am Strand gibt es oft kostenfreie Duschen und Freiluft-Sportanlagen. Wir sind für jede Dusche dankbar, so kalt sie auch ist 😁❄️
Ebenfalls am Strand ist Chez-Younus. Eigentlich ist es nur ein kleiner Imbiss an der Promenade, dem man zu Hause eventuell keines Blickes würdigen würde. Er wird von einem älteren Mann und einer jungen Frau mit einem süßen Lächeln betrieben. Kaffee für 1,50€ und eine Pommes Frites, direkt am Meer, Mehr braucht es manchmal gar nicht.
Das Highlight von Le Tréport ist eine kostenfreie Gondel, die einen hoch zu Tréport-Terasse auf die Klippen bringt. Dank dieser Gondel, die eine lustige Fahrt beschert, braucht man lediglich 10 Minuten von der Innenstadt bis zu unserem Auto oben auf den Klippen. Die Klippen bilden das malerische Panorama der Stadt. Von oben kann man weit über das Meer blicken. Man erkennt, dass Le Treport wie viele Küstenstädte in der Normandie in einer Senke zwischen den Steiküsten liegt. Diese müssen wohl natürlichen Ursprungs sein, die Vorstellung, die Leute hätten die Klippen abgetragen und die Senke erstellt, schein absurd. Hier waren wohl eher Flüsse in älteren Zeiten am Werk, die ins Meer führten und sich einen Weg durch den Stein bahnten.
Honfleur, Le Touquet Paris-Plage, Blonville sur Mer, Étretat, Fécamp, Le Havre, St. Valerie en Caux. Ein abgehobener Pariser Ferienort, weltberühmte Klippen, ein zauberhaftes Café in einer Hafenstadt und ein längst vergessenes Kloster am Rande eines kleinen Küstenortes. Das alles in drei Tagen, wow, das ist kaum zu Greifen. Ist Mittwoch, Freitag oder doch schon Sonntag? Das Reisefieber hat uns gepackt. Der Wind weht uns immer weiter entlang der Küste. Die Orte sind wunderbar und laden alle zum verweilen ein, doch der innere Kompass zeigt gen Horizont.
Und mittendrin, da war sie auf einmal, diese Stille. Einfach Frieden in mir. Mitten auf einem alten Sportplatz in einem Ort, dessen Namen ich nicht kenne, in dem wir nur hielten, weil wir müde waren. Ein unbezahlbares Gefühl. Tief in mir drin kannte ich es, habe ich es schon manchmal erlebt, oft in schönen Momenten.
Doch was man nicht sucht, kann man nicht finden. Ich habe es zu selten finden wollen, irgendetwas war immer wichtiger. Hier, wo das Leben sich um die einfachen Dinge dreht, Wasser suchen, einen Ort zum Schlafen, einen Platz zum Kochen, mit Menschen sprechen, da erscheinen die ganzen Ablenkungen nicht mehr so wichtig. Die begebenheiten ziehen einen durch den Tag und wenn man in den Pausen in die Stille hört, findet man sie auch.
Bienvenue en Bretagne. Der erste Stop hier ist Lancieux. Naja, nicht ganz der erste, die letzten beiden Tage standen wir eine knappe halbe Stunde von hier in einem Wald bei Pleurtuit. Morgens stießen wir die Türe auf und stolperte auf einen Küstenpfad. Wir wanderten am Meer entlang und genossen die Aussicht. Dort wachsen majestätische Bäume, einer schöner als der andere. Ich hätte gerne gewusst, wie alt sie sind, 100 Jahre, 200 Jahre, noch älter? Es ist doch erstaunlich, wie alt diese Zeitgenossen werden und oft schenken wir Ihnen keinerlei Beachtung und unserer Gesellschaft fehlt der Respekt vor diesem langen Zeitraum, den es braucht, bis ein solcher Baum heranreift. Generell scheint hier die Zeit anders zu fließen, man sieht keine Neubauten, alle Häuser sehen alt aus, sind aber gut in Schuss. Viele sind aus groben Steinen gehauen, wobei keiner dem anderen gleicht.
Auch in dieser Landschaft lassen wir uns ein kaltes Nass nicht entgehen. Die Äste der alten Bäume hängen tief und eigenen sich hervorragend, um die Baumwipfel zu erklimmen. Sie stehen an den steilen Klippen und durch die tief hängenden Äste, kann man die Felswände gut herauf und hinuntersteigen. Unten wartet ein abermals kaltes Vergnügen in einem malerischen Blau.
Mit dem Auto im Wald zu stehen und dort zu schlafen, ist herrlich. Hier begegnet man nur sehr wenigen Menschen, gelegentlich verirren sich Wanderer*innen mit Hund, doch viel mehr Leute sehen wir nicht. Man hört viel weniger Geräusche, keine Züge, keine Straßen, nur die Bäume, die Vögel und das Meer. Und das nicht für ein paar Sekunden, sondern Minuten bis Stunden. Nachts hatte ich zwar den Schreck meines Lebens, als ich von einem "Knack" wach wurde. War da nicht ein Schnüffeln? Das muss ja ein großes Tier sein, mindestens ein Wildschwein oder ein Hirsch... Am Ende stellte sich heraus, dass es lediglich etwas auf das Autodach gefallen war und das Schnüffeln muss wohl Jennys Atem gewesen sein. 😂 So spielt der Verstand uns seine Streiche. Diese Naturerfahrungen schärfen das Bewusstsein. Umso mehr genieße ich dann wieder die Zeit in der Zivilisation, wenn ich mit meinen paar Brocken Französisch einen Kaffee bestelle, mich bedanke und freundlich grüße.
Auf der Autofahrt nach Lancieux haben wir auf Rat von Peter von Machshalt-Willkommen (machs-halt.com) am Pointe du d'Ecolle gehalten. Wie immer wurden wir dafür belohnt, seiner Erfahrung zu trauen. Was für ein geiler Spaziergang entlang der Klippen, über das zerfallene Bauwerk mit den von der kalten, salzigen Brise zerfressen Gitterstäben.
Der Ort Lancieux selbst ist bisher ein Paradies. Wir gucken aus dem Auto auf das Meer, haben eine - kalte - Dusche, eine Toilette und fließendes Wasser. Unser erster Gedanke: hier bleiben wir eine Woche..!
Herrliches Wetter in Lancieux: blauer Himmel und Sonnenschein. Die ein, zwei Schauer verbuche ich mal unter "shit happens". Aber windig ist es. Das Meer ist voll mit Kiter*innen und Windsurfer*innen. Also einen Strandponcho übergeworfen und gut ist. Hungrig macht so ein Wetter. Hier muss es doch irgendwo etwas zu Essen geben. Ah, die schöne Strandbude da hinten hat doch ab 19:00 offen. Der Plan ist, ein paar Fritten bestellen und die Windstille hinter der Scheibe genießen. Noch mit Rucksack und Wasserflasche vom Tagesausflug bewaffnet, setzen wir uns an einen Tisch. "Deux Pommes Frites, s'il vous plait, mit Ketchup." Hamm se nicht, den Ketchup. Irgendwas mit der hausgemachten Mayo mit Senf drin. "Nä, dann nur den Senf." "Nichts weiter?" "Ne, danke." Das würden sie normalerweise nicht akzeptieren, eine Bestellung "nur Pommes". Auf einmal fällt uns auf: ganz schön schick eingerichtet für ne Strandbude. Roastbeef und Fang des Tages steht da auf der Karte, nicht gerade die typischen Snacks. Jetzt kamen wir uns fehl am Platz vor, ich mit meine Füßlingen voller Sand und Jenny mit nem Liter Sonnenmilch auf der Nase. Mit dem Verweis, dass wenig los sei, wurde unsere Bestellung dennoch akzeptiert. Zeit sich genauer umzusehen. Fuck, ganz schön laut so ne Edelstahlflasche, wenn sie aus Tischhöhe auf Holzboden fällt, unangenehm. Naja, wenigstens steht sie nicht mehr auf dem Tisch, denn da kommt schon der hausgemachte Hibiskus-Eistee und die Pommes. Das ist wirklich ne Beilagen-Portion, aber genau so gesalzen wie die 4€ pro Portion als Preis. Wieder, unangenehm, schnell gegessen, "zahlen, bitte". Mit der Rechnung kommt die Frage, ob wir Touristen seien. Wir sind wohl aufgefallen. Ich denke, Kulturbanausen, war das Wort, das der Bedienung durch den Kopf ging. Strandponcho war wohl nicht der Dresscode des Abends, eher Polohemd mit über die Schulter geworfenen Pulli. Aber der Eistee war lecker, kann ich mir gut mit der selbstgebrannten Quitte meines ehemaligen Vermieters vorstellen. Schön, die Bretagne.😁🌞
In Lancieux haben wir wieder einmal einen Gleichgesinnten getroffen, Daniele. Er ist Musiker, kommt aus Lüttich und hat einige Zeit in Soest gelebt, daher kann er ein bisschen Deutsch. Doch das war nicht die einzige Gemeinsamkeit. Wir kamen in Kontakt, weil ich ihm zurief, i love this book, die Wim-Hof-Methode, so kamen wir ins Gespräch. Ich unterbrach ihm auf seine Weg zum Strand, wo er gerade seine Atemübung machen und ein kühles Bad nehmen wollte. Er ist seit Oktober mit dem Wohnmobil unterwegs. Er kenne viele Leute in Lancieux, unter anderem einen Freund, der auch die WHM praktiziert. Ich selbst mache die Atemübung 🌬️, die Meditation 🧘 und eine kalte Dusche jeden Tag. Wir drei sind am nächsten Morgen dann gemeinsam ins kühle Nass ❄️ gesprungen. Ich liebe solche Aktionen, solche Begegnungen kann man nicht planen.
Abends gab Daniele hier ein Konzert 🎶 in der Bar du Pêcheur. Eine urige Kneipe, wo die Einheimischen ihr Bier trinken und den Tag ausklingen lassen. Jenny und ich haben uns ein Bier bestellt und Danieles Musik zugehört. Er hat eine eigene Band mit Clips auf YouTube - Daniel ageorges Tourner en rond mobyride. Später gab es noch Reisetipps für die Pyrenäen, dort hat er seinen Wehrdienst verbracht. Wir freuen uns drauf! 🗻
Die Landschaft hier ist ein Traum. Jenny und ich können gar nicht aufhören zu wandern, auch wenn die Oberschenkel brennen. Am Strand entlang, auf Küstenpfaden und über Felsen. Wenn Ebbe ist, geht es tief hinein ins Watt. Wer hätte gedacht, dass die Bretagne so schön ist. Ich nicht. So karibisch, mit Palmen, endlosen Sandstränden, Holzplanken als Wegen und dem blau-türkisem Wasser. Der perfekte Ort, um das Stand-Up-Paddle-Bord - unser Paddelbert - das erste mal zu Wasser zu lassen. Einmal war das Wasser ganz ruhig und wir konnten einfach paddeln und uns treiben lassen. Ein paar Stunden später war das Wasser unruhig und die Wellen machten es unmöglich auf dem Board zu bleiben. Fast, 2 mal bin ich sogar stehend über die Wellen! Das gab Applaus am Strand. Doch ich will es nicht übertreiben, die meisten Wellen warfen mich in hohen Bogen um und ich fand mich am Strand wieder. Doch egal, Board geholt und wieder rein! 🌊
In Morlaix trafen wir auf alte Bekannte, zumindest galt das für Jenny. Sie war hier vor 11 Jahren als Austauschschülerin und erneut vor 9 Jahren, weil es ihr bei der Familie so gut gefiel. Für mich fühle es sich beinahe so an, als träfe ich alte Bekannte, so viel hat Jenny mir schon von ihnen erzählt. Außerdem ist Morlaix die Partnerstadt von Würselen - meiner Heimatstadt - und meine Mutter war ebenfalls schon in ihrer Kindheit öfters hier. In Würselen gibt es den Morlaixplatz, in Morlaix gibt es die Avenue du Würselen. Die Stadt schwirrte also schon immer irgendwie durch mein Leben, jetzt war ich hier.
Ich hatte hohe Erwartungen, welche um Längen übertroffen wurden. Was für ein schönes Erlebnis. Was wir hier erlebten, war Gastfreundschaft vom aller feinsten. Jennys ehemalige Austauschschülerin war selbst nicht einmal vor Ort, sie studiert in Kanada, doch die Familie nahm uns dennoch mit ihrem Herzen auf. Als wir über Facebook Kontakt aufnehmen, fragten wir, ob wir einen Kaffee trinken gehen. Was wir bekamen, war so viel mehr: Wir wurden direkt zum Abendessen mit Übernachtung eingeladen. Darauf folgte ein Frühstück, ein Spaziergang, ein Mittagessen, eine Fahrradtour, noch ein Abendessen, noch eine Nacht und noch ein Frühstück. Das ganze Haus vibrierte vor Lebensfreude, ständig kamen Freunde, Familie oder Nachbarn, brachten Kuchen, lachten und alle aßen zusammen. Es wurde viel erzählt, es war sehr gesellig. Wir haben viele tolle Leute kennengelernt. Den jüngeren Brüder Eloan, mit dem ich ganz viele Fußball gespielt habe. Die Mutter Isabel, die uns ganz viel erzählte. Der Vater Fredo, der uns jeden Wunsch von den Augen ablas. Die Nachbarn Roland und Isabel, mit denen wir eine Fahrradtour nach Locquirec unternahmen. Das ist eine Erinnerung fürs Leben! Wir hätten noch länger bleiben dürfen, haben aber ganz viele tolle Tipps bekommen, wo es als nächsten hingehen soll...
Wir sind jetzt seit drei Wochen unterwegs. Jetzt, wo ich es aufschreibe, wird es mir zum ersten mal bewusst. What a ride it has been so far 🔥Die Stopps am Anfang der Reise zum Beispiel in Ouddorp bei meinem Cousin erscheinen, als wären sie ewig her. Manche Stops verschwimmen bereits in der Erinnerung. Wann habe ich überhaupt das letzte mal drei Wochen Urlaub im Ausland gemacht, das muss über 10 Jahre her sein. Das ist natürlich alles unter dem Strich sehr geil. Aber einfach ist es deswegen längst nicht. Liebgewonnene Routinen wie das morgendliche Yoga müssen sich unterordnen, der Schlafrythmus richtet sich hier mehr nach der Sonne als nach dem, was ich mir mal für sinnvoll erdacht habe und meine Leidenschaft das Kochen ist manchmal eine echte Herausforderung. Man muss einfach mit dem Flow gehen. Das wollten wir, aber das möchte auch geübt sein. Das Leben ist halt kein Plan, es passiert einfach. Es fühlt sich bedeutend an, was ich tue. Diese Reise gefällt mir gut. Es bedeutet mir etwas, am Leben zu sein und ich habe Energie für alles was kommt und auch für die Dinge, die notwendig sind, damit alles langfristig läuft. Ich hoffe, dass unsere Pläne aufgehen und wir so lange reisen können, bis uns etwas Schöneres dazu bringt zu sagen, okay, jetzt möchte ich hier bleiben. Ich werde alles dafür geben.
Der nächste Halt nach Morlaix war in Roskoff. Das ist eine kleine Hafenstadt, aber mit ordentlich Leben drin. Dort gibt es viele kleine Cafés, schöne Gassen, die zum Stöbern einladen und mehrere Strände. Da die vielen guten Vibes von Morlaix aber noch nachhallten, war uns aber eher nach Ruhe und Natur, deswegen zog es uns eine Bucht weiter nach Perharidy. Auf der Spitze befindet sich eine Kurklinik und das nicht umsonst. Hammer, diese Strände, weißer Sand, karibischer Flair, klares, blaues Wasser und eine tropische Fauna. Dennoch zog es uns noch einmal nach Roskoff, denn von dort fährt die Fähre auf die Ile de Batz. Eine wirklich wunderschöne kleine Insel mit verwinkelten Gassen, Steinhäusern und einer atemberaubenden Natur, die man fußläufig besichtigen kann. Das Mirkoklima hier ist besonders und fördert das Wachstum tropischer Pflanzen.
Die letzten Stopps waren alle keine wirklichen Highlights, was nicht bedeutet, dass es dort nicht schön war. Sie stachen nicht hervor, hatten aber dennoch ihren eigenen Charme. Länger als 1-2 Tage bleiben wir dort allerdings nicht. Wir waren in Brest, wo wir eine vegane Epicerie fanden und ein tolles Internetcafé. Eigentlich wollten wir größere Städte meiden, doch auf der Suche nach WiFi verschlug es uns dorthin. Abends suchten wir auf die Schnelle einen Platz und wurden mit herrlichem Blick auf die Stadt entlohnt, wir standen gleichzeitig fünf Meter vom Wasser entfernt. Nur unser eigener Wasservorrat ging zu Neige, sodass wir uns am nächsten Tag auf die Suche begeben mussten. Es ist schön einen Überblick über den eigenen Ressourcenverbrauch zu haben, aber 13 Liter Wasser für 2 Personen ist echt knapp. Fündig werden wir meist auf Friedhöfen.
Ich mache hier oft den ganzen Tag, was ich möchte. Ich weiß nicht einmal, wann ich das letzte Mal den ganzen Tag gemacht habe, was ich wollte. Es fühlt sich ruhig an so als hätte ich Zeit für die Dinge. Das war immer ein Thema bei mir, dass ich die Dinge schnell, schnell und ohne große Sorgfalt machte. Das löst sich hier auf. Ich merke, ich habe doch die Zeit, ich kann alles ruhig angehen lassen und mir Zeit für die Dinge nehmen, die mir wichtig sind und ich habe immer noch Zeit übrig. Es ist ein gutes Gefühl zu merken, dass war keine Schwäche von mir, sondern lag an meinem Lebensstil. Ich liebe es, die Dinge in Ruhe zu machen. Den Fokus auf dem zu haben, was mir wichtig ist. Ich liebe es, minimalistisch zu leben, nur das Nötigste dabei zu haben. Dieser Überblick gefällt mir.
Dass die Stopps keine Highlights sind, wird sich vermutlich bald ändern, wir nähern uns Bordeaux. Dort hat mein Freund Paul Sevenich eine Zeit lang gelebt und uns bereits viele tolle Ecken empfohlen. Wir sind gespannt!
Wir möchten hier auf Reisen arbeiten, dafür brauchen wir gutes Internet. Wir sind in einer Mall in Vannes gewesen und haben eine Prepaid-Karte besorgt, mit der unser LTE-Router jetzt ein WLAN-Netz aufbauen kann😎 Das Internet unserer beiden Mobilfunkverträge reichte nicht aus, dort haben wir 6 bzw. 10 GB, wofür wir jeweils 10 Euro/Monat zahlen. Mit der Prepaid-Karte haben wir jetzt 90 GB pro Monat. Das ganze kostet 12 € und eine einmalige Gebühr für die Sim von 10 €. Nach einem Monat ist die Sim nicht mehr gültig, wir haben die Optionen zu verkürzen oder für 1 oder 2 Monate zu verlängern. Im EU-Ausland bleiben nur 10 GB übrig. Der Anbieter Free hat auch noch andere Optionen mit mehr Volumen und längeren Laufzeiten, ist vielleicht was für die Zukunft oder andere Frankreich-Reisende.
Das coolste in der Mall war die Möglichkeit, sich umzumelden. Nicht wie in Deutschland, wo man dafür extra aufs Amt muss, geht das hier unkompliziert beim shoppen. Chapeau!
Zum Übernachten haben wir einen herrlichen Platz am Pointe du Bill gefunden und die Hängematte aufgehängt, von der aus man direkt das Meer sehen kann. Die Hängematte ist mein Lieblingsort geworden, irgendwann schlafe ich mal ne Nacht darin. Der ganze Ort ist von Nadelbäumen beschattet, da heizt sich das Auto nicht so auf. Gestern haben wir noch einmal alles aus dem Auto geräumt und neu verstaut, wir wollten eine bessere Ordnung. Es braucht einfach Zeit, bis sich neue Lebenssituationen eingespielt haben, eine Lektion für die Zukunft.
Ich beobachte hier wieder dieses neuen Trend, dass Leute in Neoprenanzügen die Küste im Wasser entlang spazieren. Sieht anstrengend und lustig aus, ich frage mich nur, warum die Neoprenanzüge? Es ist mittlerweile fast Juli und die Leute trauen sich nicht einfach so ins Wasser? Finde ich befremdlich und umständlich. Manche machen es auch ohne. Ich gehe immer noch bei jeder Gelegenheit ins Wasser, um ein kaltes Bad zu bekommen. Doch das Meer ist mittlerweile fast zu warm für eine echte Erfrischung ❄️
Momentan fahren wir in kleinen Etappen den Golfe du Morbihan entlang. Schöne Gegend, nur das Wetter spielt diese Tage nicht so ganz mit. Daher vertreiben wir uns die Zeit mit Essen, Scheiben tönen und in der Hängematte. Wie haben bei Pizza Rhuys vegane, bio Pizza mit regionalen Produkten als Fast-Food gefunden. So etwas bräuchte es in Deutschland auch! Kostete 12,50€, war mega geil. Mit dünnem Boden, alles was ne Pizza braucht, nicht mehr, ich bin begeistert. Außerdem habe ich wieder Spaß am Kochen und Rezepte-kreiren gefunden. Da kommt die nächsten Tage was 😁
Hab die Zeit auch genutzt, um eine neue Superkraft zu lernen: einfach zu sagen, was ich möchte. Es klingt ganz einfach und banal. Wenn mich jemand gefragt hätte, ob ich das bereits tue, hätte ich bestimmt gesagt, ja klar! Doch weit gefehlt. Ich habe meine Wünsche an dem ausgerichtet, was andere möchten. Ich habe gefragt, was möchtest du denn? Dann habe ich gesagt, okay, machen wir. Mein Wunsch war also das zu tun, was jemand anders möchte. Ich habe es sogar erfragt, etwas zu tun, was jemand anderes möchte. Das führte zu dem Gefühl, wir machen ja nie das was ich möchte, immer nur was andere möchten. Ungerecht und verdreht, oder? Oder ich habe meine Wünsche an dem ausgerichtet, was ich nicht möchte. Ich habe gesagt, das möchte ich nicht. Dann findet man einen Weg drum herum, doch der Weg ist nicht das, was man möchte sondern ein Weg um das herum, was man nicht möchte. Ich habe mich gewundert, dass ich Sorge habe, nicht dahin zu gelangen, wo ich hin möchte. Wie auch, ich habe mich ja auf etwas anderes konzentriert.
Zu sagen, ich möchte, ist nicht leicht. Es braucht Übung und Mut. Doch es macht alles einfacher. Es ist auch nicht egoistisch. Es erleichtert zwischenmenschliche Beziehungen. Der*die andere weiß dann, was man möchte. Daran kann man sich orientieren. Wenn niemand weiß, was du möchtest, kann dir niemand dabei helfen, das zu bekommen. In der Pizzeria sage ich der Bedienung ja auch, was ich möchte, nicht was ich nicht möchte. Das wäre super kompliziert. Ich sage, was ich möchte, und es ist einfacher für beide Seiten. Ich möchte sagen, was ich möchte. Und ich möchte, dass du es ausprobierst.
Aus den getönten Scheiben hinaus auf das Meer zu gucken, ist total befriedigend. Es ist beinahe wie Fernseh gucken oder windgeschützt und eingekuschelt in einer Strandbude hinter der Scheibe zu sitzen. Am Sonntag haben wir den ganzen Morgen nichts anderes gemacht, als aus dem Fenster zu schauen. Wir haben das Bett erst verlassen, als wir Hunger bekamen.
Wir standen in Saint-Nazaire in der Nähe des Parc naturel régional de Brière. Das ist ein 50.000 Hektar großes Sumpfgebiet. Hier kann man ursprünglich europäische Flora und Fauna erleben. Es gibt spannende Tiere wie den Eisvogel und Nutriare. Wir haben nur Kühe gesehen, naja was heißt nur, ich liebe Kühe. Sie sind sanftmütig und schön. Und es waren Kälber dabei. In dem Park gibt es 10.000.000.000 Grüntöne, mindestens, unfassbar und unwirklich. Das Gras im Wind zu beobachten, ist wie auf ein großes, grünes Meer zu schauen. Einfach herrlich.
Wir haben hier auch einen Abstecher nach la Baule-Esoublac gemacht. Angezogen hat uns der 12 km lange Sandstrand, einer der längsten Europas. Doch das war sehr enttäuschend. Entlang der gesamten Promenade stehen nur Hochhäuser, schade.
Die Fotos zeigen den GR34, einen berühmten Wanderweg in der Bretagne. Sie sind auf einem Abschnitt in der Nähe von Saint-Gildas de-Rhuys, wo wir standen bevor wir zum Parc de Brière aufbrachen, entstanden. Wir sind immer mal wieder auf den Weg gestoßen. Er ist sehr lang und geht die Küste entlang. In mir keimt die Lust ihn mal komplett zu wandern. Dafür bräuchte man wohl zwischen 75 und 100 Tagen. Kurzum die Natur hier ist atemberaubend.
Doch selbst im Paradies holt einen der Alltag ein. Wasser auffüllen, Kaffee kochen, essen kaufen, planen und zubereiten, Ordnung halten, Wäsche machen. E-Mails und ungemachte Betten werden auch hier nicht von Elfen erledigt. Es ist sogar tendenziell etwas energieraubender, weil wir auf kleine Alltagshelfer und Komfort verzichten (müssen) und wenig Platz haben. Doch das ist es, was wir wollten. Die Natur, die schönen Orte und die Freiheit sind der Lohn.
Au Revoir Bretagne et Bienvenue en Pays de la Loire. Der Übergang der beiden Regionen ist sehr imposant. Wenn man stets an der Küste entlang fährt, verlässt man die Bretagne auf die selbe Weise, in der man in sie hinein fährt: über eine große Brücke über einen gigantischen Fluss. Der Übergang von der Normandie in die Bretagne führt über die Ponte du Normandie und man überquert die Seine. Das Pendant hierzu ist die Ponte der St. Nazaire über die Mündung der Loire. Warum ich über die Brücken schreibe? Sie brachten mich zum Nachdenken: Ich erstatte in Ehrfurcht vor der unfassbaren Breite dieser Flüsse. Vor der Menge an Wasser, die an diesen Stellen die Lande teilen. Die Natur hier ist nicht zu bändigen. Die Menschen haben beinahe ebenso beeindruckende Ingenieursleistung auf die Beine gestellt, damit sie trotz dieser enormen Power der Natur an diesen Orten leben können: das Wasser überqueren, Handel treiben, Familie und Freunde besuchen.
Früher hatte ich eine pessimistische Sichtweise auf solche Bauwerke. Sie würden die Natur verunstalten. Die Natur wäre besser dran, ohne den Menschen. Doch das war sehr kleinkariert von mir. Damit möchte ich nicht leugnen, dass die Menschen der Natur, den Tieren, den Pflanzen und damit auch sich selbst schaden und die eigene Lebensgrundlage gefährden. Wir Menschen sind aber auch dazu fähig, nach Verbesserung zu streben. Diese Eingriffe in die Natur wurden getätigt, um eine Verbesserung zu erstreben. Besseren Handel, bessere Mobilität, weniger Gefahr. In dem heutigen Wissen über unseren Einfluss auf die Natur sollten wir bestrebt sein, gute Lösungen zu finden, um unseren Einfluss zu minimieren und im Einklang mit der Natur zu leben. Sie als Mitwelt zu betrachten, nicht als Umwelt. Wir betrachten ja auch andere Menschen nicht als Ummenschen, sondern als Mitmenschen. Wir sind jeder für sich ein Teil dieser wunderbaren Welt. Sich einer pessimistischen Sicht auf die Welt zu suhlen und zu denken, ich weiß alles besser, ist vorbei. Ich möchte Dinge besser machen! Die Natur zu würdigen, bedeutet auch die Mensch, ihre Meisterleistungen und ihr Bestreben Gutes zu tun und besser zu werden, als ein Teil der Natur zu würdigen.
Wir haben einen 17 Jahre alten Audi A6 4f. Ein tolles Auto, das wir liebevoll Appah nennen. In Anlehnung an das fliegende Bison aus Avatar. Als mein Onkel und meine uns Tante offenbarten, dass sie uns den Wagen zur Verlobung schenken, waren wir sprachlos. Wir konnten unser Glück kaum fassen. Bis zu diesem Zeitpunkt gingen wir davon aus, dass wir unsere Reise in einem VW Beetle bestreiten werden. Das war vielleicht etwas naiv, wir waren aber fest entschlossen. Kurz gesagt, wir sind glücklich. In dieses Auto konnten wir ein Bett einbauen und haben die Möglichkeit, darin zu schlafen. Mit dem VW wären wir mit dem Zelt unterwegs gewesen. Der Audi bietet mehr Platz für Gepäck nicht zuletzt, weil wir eine Dachbox dazu kaufen konnten. Doch, ist ein Audi A6 ein Van? Wie jede*r sehen kann, Nein. Und ich kann nicht leugnen, dass ich ein Minderwertigkeitsgefühl habe, wenn ich toll ausgebaute Vans, einen gut erhaltenen VW-Bulli mit 70-er Jahre Flair oder einen dieser großen Unimogs, die so aussehen, als könnte man mit ihnen die ganze Welt bereisen, sehe. Fahrzeuge, die weit außerhalb unserer Preisklasse liegen. Doch ist unser Erlebnis deswegen weniger wert? Oder ist es vielleicht mehr wert, weil wir ja ach so taff sind und den ganzen Schnickschnack nicht brauchen. Weder noch. Diese Frage beschäftigt uns in den letzten Wochen. Es ist so wie es ist. Wenn wir uns auf Vergleiche konzentrieren, in Wettbewerb zu den anderen treten, dann kann uns das nur unglücklich machen. Und da ist Instagram auch eine Plattform, die Fluch und Segen zu gleich ist. Ohne die Inspirationen der ganzen tollen Leute, die hier ihre Beiträge und Erfahrungen teilen, wären wir vielleicht nie losgefahren. Aber die Leute zeigen halt auch ihre beste Seite, uns eingeschlossen. Den eigenen Fortschritt zu sehen und sich vor Augen zu führen und nicht in den Vergleich mit anderen zu verfallen tut uns gut. Unsere Erfahrungen sind außergewöhnlich und schön. Vielleicht könnten sie sich noch verbessern, wenn wir uns weiter an dem orientieren, was wir möchten und die anderen Menschen zur Inspiration nutzen. Aber daran, dass man im Hier und Jetzt leben muss, ändert es nichts.
Spontane Planänderung. Die nächsten 5 Tage waren bis ins Kleinste durchdacht. Von Tagesausflug, über das Restaurant bis hin zum Schlafplatz. Morgens um 5 beim Kaffee und Porridge: Lass mal spontan nach Spanien und die ganzen Stopps am einem Tag machen. Gesagt getan. Wir haben zwar alles auf Frankreich eingerichtet, eine Prepaid-Karte und eine Landkarte gekauft etc., Aber was bringt es einem, wenn alles nach Plan läuft, wenn man keine Lust auf den Plan hat? Wer braucht schon einen Plan, wenn man gute Laune haben kann.
Okay, wir haben es nicht alles geschafft. Wir sind am Ende in la Rochelle gelandet und von da aus auf die Ile de Ré. Aber es ist auch einfach zu schön hier. Ganz schön schwierig hier herauszufinden, was man möchte. Spanien muss halt warten. Auf der Ile De Ré haben wir das gefunden, was wir uns gewünscht haben. Strand, Sonne, Wanderwege, Meer. Das Auto ist direkt an den Dünen geparkt und unser Blick geht aus dem Fenster auf das Meer. An den Picknicktischen sitzen Familien unter Palmen und hören Musik und grillen. An der Strandbar fließen die Cocktails und die Menschen tanzen auf den Autodächern. Ich sitze hier gerade und schreibe, es ist ein wunderbar. Der Wind weht über die flache Insellandschaft, es riecht nach Strandpinien, die Takelage der Boote rasselt im Wind und wird vom Kreischen der Möwen begleitet. Es lohnt sich zu träumen. Wünsche werden wahr, wenn man dran glaubt. An jeden und jede, der/die überlegt, etwas zu tun: Hör auf zu überlegen. Höre auf dein Herz und geh los. Und wenn Zweifel aufkommen, finde wieder den Mut weiterzugehen. Wenn es sich richtig anfühlt, dann kann dich nichts aufhalten. Und du wirst überwältigt sein, was passiert.
Wir halten auf der Ile D'Oleron. Das ist die Nachbarinsel der Ile De Ré. Die Insel besticht durch seine grüne Landschaft. Hier gibt es tolle Strände, von felsigen Klippen hin zu feinem Sand ist alles dabei. Entlang der Küste wachsen diese herrlichen Pinienwälder. Es wird mittlerweile nicht nur landschaftlich deutlich südlicher. Auch das Wetter wird heißer. Es sind 25° und es ist keine Wolke am Himmel. Da wird es mir nachmittags schnell zu warm und während Jenny die Sonne genießt, verziehe ich mich in die Schatten der Bäume. Da liebe ich es. Ich rieche den südlichen Duft des Nadelholzes und lausche den Rascheln des Windes in den Ästen. Das Klima hat noch eine andere Folge. Hier wachsen ganz erstaunliche Früchte am Wegesrand. Die Brombeeren kenne ich zwar schon von zu Hause, allerdings kann ich sie hier teilweise schon essen. Auch Weintrauben habe ich schon entdeckt. Der Wein wächst hier wie bei uns Brombeeren am Wegesrand, leider ist er noch nicht reif. Wirklich erstaunt war ich, als ich die ersten Feigenbäume entdeckte. Die Feigen sind noch nicht besonders süß aber genießbar. Im Supermarkt sieht die Auswahl auch anders aus. Nektarinen, Pfirsiche und Avocados aus Spanien sind hier wie Erdbeeren ans Holland in Deutschland. Außerdem gibt es hier an jeder Ecke Aprikosen aus Frankreich, i Love it! Während ich so in meinem Pinienwald sitze, schaue ich mir die Highlights von Europa an, die auf uns warten. Unfassbar, was ist das für ein faszinierender Kontinent und ich habe noch gar nichts gesehen. Ich fühle mich an meine Kindheit erinnert, in der ich unzählige Naturdokus geschaut habe. Diese Faszination hatte mich als Erwachsener nie verlassen. Aber mal selbst raus zu gehen und die Welt zu entdecken, dazu fehlte der Mut. Wie ein kleines Kind sitze ich vor der Karte und markiere, was mit gefällt. Das hier ist anders als Fernseh gucken, um Längen cooler. Hier kann ich riechen, schmecken, anfassen, mich bewegen. Die Welt ist wunderschön, ich möchte sie erleben. Ich komme!
Nach den Traumstränden der Ile De Ré und Ile D'Oléron wartete Talmont sur Gironde auf uns. Ein Ort mit 100 Einwohner*innen und einer beeindruckenden Kirche - Ste Radegonde. Dort ist alles sehr stimmig und wirkt wie aus einem Guss. Es gibt viele kleine Gassen mit Handwerksläden, in denen schöne Blumen wachsen und Wein an den Häusern entlang rankt. Der Ort strahlt eine Ruhe aus, die auf uns abfärbt, während wir schlendern. Nicht umsonst ist es ausgezeichnet als eines der schönsten Dörfer Frankreichs.
Danach ging es die Mündung der Garonne entlang Richtung Bordeuax. Die Straßen dorthin sind gesäumt mit Weinpflanzen für das weltberühmte Handels- und Genussgut, bei schönstem Sommerwetter ist das einfach herrlich.
Den Wein auf dem Foto haben wir geschenkt bekommen, weil wir einer Frau ihr Handy aufgeladen haben. Sie war unendlich dankbar. Solche Begegnungen lassen mein Herz aufgehen 🥰
Mir fällt hier bestimmt nicht alles so leicht wie Wein geschenkt bekommen: Auf engem Raum zu leben, lange Strecken oder in fremden Städten Auto zu fahren, ständig an neuen Orten zurechtfinden, nach WLAN, Wasser, Toiletten, Duschen, Mülleimern, Plätzen zum Kochen und zum Schlafen suchen. Da erscheint das alte Leben mit den Bequemlichkeiten und den verlässlichen Routinen manchmal sehr verlockend. Diese Gemütlichkeit schleicht sich manchmal unbemerkt in den Reisealltag. Aber dann bricht die Abenteuerlust, die Energie, die Liebe für die Natur und das Neue durch. Oder etwas Unerwartetes steht hinter der nächsten Ecke und nimmt mich mit so viel Power mit, dass ich gar nicht anders kann als voll da zu sein. Ich spüre eine unhaltbare Energie in mir. Es sprudelt nur so aus mir heraus und alles erscheint in den schillerndsten Farben. Es schleudert alles um und los geht's! Dieser Zustand wird immer häufiger. "Old bad habits" zeigen sich immer seltener. Das ist mein Zeichen, dass ich hier glücklich bin. Es ist ein Gefühl bereit zu sein. Es ist ein Gefühl, am Leben zu sein. Es ist das Gefühl, zu wachsen, etwas altes loszulassen und etwas Neues ins Leben zu lassen. Etwas das gut ist, das kann ich spüren.
Das Dilemma, dass wir schon das Ende kennen, zwingt uns ja nicht dazu, es hier nicht schön zu finden. - Danger Dan. Der Song schwirrt mir durch den Kopf. Irgendwann geht es zu Ende und wir werden nicht mehr reisen. Wir möchten uns nicht festlegen, wie das Ende aussieht. Keine Ahnung, ob uns das Geld ausgeht, wir etwas cooleres finden, der Wagen kaputt geht, oder ob wir reisen, bis wir alt und grau sind. Dass wir schon das Ende kennen, zwingt uns ja nicht dazu, es hier nicht schön zu finden.
Also zurück zu praktischeren Dingen: Momentan sind wir im Bassin D'Archachon. Aus der Not geboren, weil wir uns einen Stellplatz gesucht hatten, an dem leider Nachtmarkt war, landeten wir total platt und übermüdet in Le Teich. Eine dieser angenehmen Reiseüberraschungen: hier gab es Duschen und sogar WLAN. Ich wollte schon die ganze Zeit mit einem Boot fahren und hier wurden wir auf eine Bootstour eingeladen im Gegenzug dafür, dass wir einer Frau dabei Gesellschaft leisteten. Sie war dankbar, dass ich fuhr, weil sie eine schlimme Nacht hinter sich hatte und von Kopfschmerzen geplagt wurde. Win-win für alle. Nach 3 Tagen in Lei Teich zog es uns zu den berühmten Wanderdünen von Pilat. Das ist mal eine wahnsinnige Kulisse. Umringt von Pinienwäldern ragt dieses Naturschauspiel über allem. Dort hoch zu klettern bei 35° ist ein echter Kampf. Alle paar Meter muss man stehen bleiben und die Füße im Sand vergraben, damit sie nicht verbrennen. Aber der Ausblick lohnt sich. Diese Tage waren magisch.
Wo geht es als nächstes hin? Gute Frage, je mehr ich im Internet und auf Karten schaue, desto mehr verliere ich die Lust an der Frage. So viele Ziele. So viele Träume. Wer weiß schon, wohin es wirklich geht. Die Orte auf der Karte kann ich nicht erleben. Das was zählt ist ja auch, dass ich in diesem Augenblick lebe und atme. Das ist doch schon einmal ein Grund zu lächeln.
So etwas wie Le Teich inklusive Bootstour kann ich eh nicht auf einer Karte finden. So etwas passiert einfach, wenn wir offen für das Leben sind. Jetzt ist es doch wieder philosophisch geworden. Macht mir einfach zu viel Spaß.
Ich freue mich übrigens wahnsinnig, über jede*n der*die das liest. Danke dafür, es macht mir Freude.
Wir standen die letzten Tage etwas unter Reisezwang. Wir holten Jennys Bruder am Bahnhof von Biarritz ab, dafür mussten wir 250 Kilometer hinter uns lassen. Klingt nicht so viel, aber das Autofahren fällt mir hier echt schwer. Ich weiß nicht woran es liegt. Wahrscheinlich ist es ein Mix aus unbekannten Straßen, fremden Verkehrsregeln und heißem Wetter. Obwohl wir uns die Strecke aufgeteilt haben., war ich nach einer Stunde froh über eine Pause und ohne Klimaanlage würde ich das Ganze nicht machen. Im Parkhaus habe ich dann prompt einen fetten Kratzer ins Auto gefahren, fuck! Wir machten Halt in Aureilhan an einem wunderschönen See. Wieder eines dieser ungeplanten Highlights. Um den See führt ein Wanderweg. 4 Stunden durch Waldwege, ein Reservat für Pferde und Kühe und Dünen mitten im Wald. Klingt komisch, ist aber so 😁
Biarritz ist jetzt nur noch 30 km von der spanischen Grenze entfernt. Das Wetter wird immer trockener und heißer. Tagsüber verbringen wir die meiste Zeit im Schatten oder im Wasser. Abends ist es im Auto nicht auszuhalten. Vor 12 Uhr bekommen wir momentan kein Auge zu. Da es morgens auch schon entsprechend heiß und hell ist, sind wir übermüdet. Fühlt sich an wie leicht betrunken zu sein. Bis auf die Müdigkeitstiefs ist das eigentlich ganz lustig. Konzentrieren kann ich mich nicht sehr gut. Für die einfachen Tätigkeiten reicht es. Aber es zieht viel Energie, auch emotional. Wir versuchen jetzt die Abende in der Hängematte zu verbringen, damit sich das Auto abkühlen kann. Zusätzlich stellen wir alle Gegenstände aus dem Auto, damit sie auch abkühlen und nicht die kühle Luft nach dem Lüften wieder aufwärmen.
An dem See in Mimizan gibt es ganz abgefahrene Untiefen. An einer Stelle kann ich 100 Meter in den See robben, so seicht ist es. Das Wasser ist da badewannenwarm und wir können bis spät abends schwimmen. Das ist die schöne Seite der Medaille.
Hier ständig in der Natur zu sein, ist für mich das Krasseste. Vor allem das Wasser hat einen unglaublich positiven Effekt auf mein Gemüt. Ein paar Bahnen zu ziehen, lässt jeglichen Stress von mir abperlen. Das hilft mir, mich wieder auf mich zu besinnen.
Wir wurden mit Haut und Haaren von der französischen Hochsaison gefressen, verdaut und wieder ausgespuckt. Ich habe ja schon viel davon gehört, dass die Französi*innen alle an der eigenen Küste Urlaub machen. Aber das, was wir erlebten,übertraf meine Erwartungen. Genau an dem Tag, als Patrick kam und wir daher zu dritt waren, traf uns der Hammer. Auf einmal waren wir unflexibel und die Parkplätze in Biarritz überfüllt. Es war der 14. Juli, das ist der französische Unabhängigkeitstag, was die Sache erklärt aber nicht erleichtert. Wie blinde Hühner versuchten wir uns in diesem Trubel zurechtzufinden. Völlig erschöpft schleppten wir uns, nachdem wir etwas eingekauft und einen Parkplatz am Rande der Stadt gefunden hatten, zum Strand. Dort angekommen, wunderten wir uns kaum noch darüber, dass der ganze Strand selbst um elf Uhr noch voller Menschen war. Die nicht-vorhandene Verwunderung hätte sich ohnehin gelöst, als eine halbe Stunde später ein Feuerwerk losging. Ein schöner Abschluss und langsam konnten wir genießen, in was für einer herrlichen Stadt wir gelandet waren.
Eine tolle Küste mit viel Strand und spannenden Wellen, sowie alte Bauwerke zieren das Stadtbild. Mit diesen gemischten Erfahrungen brachen wir am nächsten Tag nach St. Jean Pied der Port auf. Das ist ein Ort in den Pyrenäen und ein wichtiger für Jakobspilger*innen, die hier durch das Jakobustor ihren Weg nach Santiago de Compostela fortsetzen. Schon auf der Fahrt haben mich die Berge direkt wieder in ihren Bann gezogen. Das satte Grün, der Bergfluss, der sich entlang der Straße schlängelte und das veränderte Klima. Ich liebe die Berge. Hier haben wir auf einem Campingplatz eingecheckt. Wir hatten einiges zu kramen. Und wir haben mal wieder nette Bekanntschaften gemacht. Wir trafen @rosalt_01 und Marie, mit denen wir einen lustigen Abend und den darauffolgenden Morgen mit Tischtennis und Englisch-Französisch-Spanisch-Deutsch-Mixmax füllten. Wir haben viel gelacht und das fröhliche Gemüt der beiden schwang noch nach, als sie schon den Platz verlassen hatten. Doch auch ohne die beiden ist es sehr lustig mit @patrickostr einen temporären Reisegefährten zu haben. Wir haben viel zu lachen.
So etwas wie den Cirque de Gavarnie habe ich noch nicht erlebt. Ich habe mehrmals versucht, es in Worte zu fassen. So richtig gelingen, möchte es mir nicht. Es wir dem, was ich dort erlebt habe, einfach nicht gerecht. Atemberaubend, zauberhaft, fabelhaft, wunderschön, zum Heulen und zum Lachen trifft es in Worten wohl am besten. Unesco-Naturerbe ist wohl passend. Diese Landschaft lies mich denken, ich stehe in einem Gemälde. Ein perfektes Gemälde mit Felsen, grünen Wiesen und Bäumen. Doch dann schwenkt der Blick auf die Wasserfälle, die Bäche und das rauschende Wasser traten in den Vordergrund, ist wohl doch eher ein Film. Dazu die eiskalte Abkühlung der Gischt und des glasklaren Wassers. Die warmen Sommertemperaturen gepaart mit dem Eis des Winters, das hier langsam abschmilzt. Außerdem mussten wir uns richtig anstrengen, um zu den Wasserfällen zu kommen, eine Wanderung zurücklegen und kraxeln. Dieser Ort ist mit allen Sinnen zu erleben, wahrscheinlich ist er deswegen so schwer in Worte zu fassen. Das muss man erleben, das kann man nicht denken. Ich bin dankbar, hier gewesen zu sein und diese Natur zu erleben. Sie lässt mich zurück mit einem tiefen Gefühl der Demut. Der Demut davor, wer ich bin und was ich mache. Diese Natur hier ist unbedingt zu erhalten. Dieses Refugium und diese unendliche Schönheit sind unbezahlbar. Jeder Mensch sollte so etwas erleben können. Das wünsche ich mir. Das macht etwas mit uns Menschen.
Unsere letzten Abende in Frankreich verbrachten wir im Nationalpark Pyrenäen. Dieser wilde Ort hat einen nachhaltigen Eindruck bei uns hinterlassen. Jede neue Ecke übertrifft die bisherige an Schönheit. Die Natur bietet ein wahres Farbschauspiel. Und außerdem hat sie hier die Möglichkeit, sich relativ frei zu entfalten. Mir ist sogar ein Murmeltier vor die Linse gelaufen. Ganz entspannt lag es auf seinem Stein circa 50 Meter von mir und hat sich von mir fotografieren lassen. Diese Tiere sind so niedlich, wenn sie durch das Gras watscheln und über die Felsen hüpfen mit ihrem dicken Pelz. Man denkt, sie sind leichte Beute für die vielen Greifvögel, aber ihre Taktik zu pfeifen, wenn Gefahr droht, ist sehr effektiv. Das dufte ich live miterleben.
Dieses Naturwunder Nationalpark inklusive River Rafting war ein würdiger Abschluss der zwei wunderbaren Monate in Frankreich. Jetzt warten neue Abenteuer in Spanien auf uns. Die Überfahrt hat uns schonmal eingestimmt, das weiß jede*r, der*die meine Storys verfolgt hat. Über einen Berg, wo wir kaum 30 Meter weit gucken konnten wegen des Nebels, mit Kühen auf der Straße und durch ein Tal, in dem es so heiß war, dass der große See fast ausgetrocknet war, landeten wir schließlich an einen schönen Ort unter Bäumen an einem Fluss.
Ein kleiner Wehrmutstropfen ist, dass ich mit dem Auto über mein Handy gefahren bin. Klingt komisch, ist aber so. Es hat erstaunlicherweise überlebt. Das hatte ich bei dem Knacken nicht erwartet. Hinten habe ich zwar jetzt die Spiderman-App und eine der 4 Linsen ist zerstört, bisher ist mir aber noch keine Funktion aufgefallen, die beeinträchtigt ist. Chapeau Xiaomi für die Stabilität. Früher haben meine Handys keinen Sturz von der Bettkante überlebt.
Nach zwei Monaten in Frankreich führt uns unsere Reise immer an der Küste entlang nach Spanien. Nach 1.500 Kilometer französischer Atlantikküste von der Street of Dover, entlang des englischen Kanals bis zum Golf von Gascogne sagen wir "Au Revoir". Die Geographie Europas garantiert uns ein Rendez-vous an der französischen Mittelmeerküste. Doch erst einmal warten die Costa Verde, die portugiesische Küste, die Meerenge von Gibraltar, die Costa del Sol und die Costa Brava auf uns!
Am 25. Mai 2022 sind wir losgefahren. Jetzt, 11 Monate später sind wir in Narbonne an der Südküste Frankreichs angekommen. Als wir uns überlegt haben, hmm, Reisen, okay, aber wohin eigentlich? Da standen wir bei uns an der Weltkarte und ich zeigte so in Richtung Portugal. "Erstmal nach da und dann einfach immer weiter an der Küste entlang, da kommen ja coole Sachen, Spanien, Frankreich, Italien, Griechenland", bis nach Kroatien wollten wir - ach ja und Weihnachten zu Hause...2022. Blauäugig wie wir waren, gingen wir nicht davon aus, dass die kalten Nächte im Auto doch sehr unangenehm werden können und rechneten nicht damit, dass wir vier Monate auf den Kanaren verbringen. Das ist auch wohl der Hauptgrund, warum wir rein von der Route gesehen, es "nicht geschafft" haben, denn wir werden als nächstes die Küste verlassen und direkt nach Deutschland zurück fahren. Doch, das wir es "nicht geschafft" haben, ist vollkommen falsch. Wir haben es mehr als geschafft, wir haben den Mut gefunden, unsere Wohnung, unsere Heimat, Freunde, Jobs, Gewohnheiten und Hobbys hinter uns zu lassen mit dem festen Ziel die Welt so zu sehen, wie sie ist. Und...es bleibt uns nur eins zu sagen, sie ist fantastisch. Die Menschen, die wir getroffen haben, waren beinahe ausnahmslos eine Freude und es war wundervoll zu erleben, wie vielseitig und einzigartig sie sind. Nur ein bisschen Gelassenheit fehlt dem einem oder der anderen. Aber das ist auch etwas, das wir gelernt haben, gelassener zu sein, ruhiger zu sein und die Dinge entspannt zu beobachten. Nichtsdestotrotz Freude zu haben und zu Lachen, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Beispielweise, wenn man auf einem Berg steht und in die atemberaubende Weite eines Gebirges schaut, oder wenn man den x-ten wundervollen Strand entdeckt hat, an dem niemand ist. Die Natur ist unsere Heimat und sie zu ehren eine Pflicht. Die Monate im Auto haben wahnsinnigen Spaß gemacht und uns als Paar und als Persönlichkeiten reifen lassen. Am Ende war es aber auch anstrengend und wir freuen uns darauf, dass uns in Deutschland wieder ein bisschen mehr Platz für die persönliche Entfaltung und etwas Freiraum und Luxus - ich rede hier von Dingen wie einem elektrischen Herd oder fließendem Wasser - erwartet. Doch wer weiß, wenn die Akkus wieder bei 100% sind und die deutsche Mentalität mit ihrer Stoffeligkeit uns zu sehr auf das Gemüt schlägt, ob wir dann nicht bald wieder unterwegs sind. Ich weiß, wir wären glücklich. Denn das sind wir jetzt auch und dafür brauchen wir ganz, ganz wenig. Ein Schlafplatz, Essen, Wasser, soziale Kontakte, Bewegung und Natur, mehr braucht der Mensch nicht.
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